Es war ein nebeliger und kalter Donnerstagmorgen, als die Schülerinnen und Schüler der Qualifikationsphase 1, der Leistungskurs PoWi der Qualifikationsphase 3 und einige Interessierte der E-Phasen des Friedrich-Ebert-Gymnasiums in Mühlheim in aller Frühe zum Landtag nach Wiesbaden aufbrachen.
Dort angekommen ging es zunächst durch die Sicherheitsschleuse und dann direkt ins Herz der hessischen Demokratie, den Plenarsaal des Landtags. Nachdem alle ihre Plätze entsprechend der zugeteilten Fraktionen eingenommen hatten, erfolgte eine kurze Begrüßung durch die Teamleiterin Susanne Baier von der Stabsstelle Politische Bildung und anschließend durch die Landtagsvizepräsidentin Angela Dorn. Den Schülerinnen und Schülern wurde vorab der Ablauf des vom Landtag entworfenen Planspiels „Wir sind Abgeordnete“ sowie das Handling der Mikrofonanlage erklärt.
Nach der konstituierenden Sitzung im Plenarsaal, bei der zunächst die Besetzung der Funktionen Landtagspräsident, Alterspräsident, Schriftführerinnen, Ministerpräsident und Fraktionsvorsitzende stattfand, erhielt die angereiste Schülerschaft erstmal die Möglichkeit, einige Fragen loszuwerden, die sie mit im Gepäck hatten. Leider trudelten – aufgrund des schlechten Wetters, welches sich auf den Verkehr in und um Wiesbaden auswirkte – die Abgeordneten nur nach und nach ein. So begann die Fragerunde zunächst nur mit den Abgeordneten Lara Klaes vom Bündnis 90/ die GRÜNEN und Dr. Frank Grobe von der AfD. Sie erzählten dann, wie sie überhaupt zur Politik gekommen sein. Dieses Gespräch leitete Fabian Treuherz, einer der begleitenden PoWi-Lehrkräfte. Nach und nach füllte sich die Reihe der Abgeordneten noch mit Christoph Mikuschek von der CDU (aus dem Wahlkreis Offenbach-Land), Marius Weiß von der SPD und Oliver Stirböck von der FDP. Bei diesem Austausch erfuhren die Schülerinnen und Schüler hautnah, dass auch im Hessischen Landtag eine Art „Brandmauer“ zur AfD vorhanden ist. So schüttelte z. B. Frau Klaes mehrfach vehement den Kopf bei Äußerungen von Herrn Grobe und auch andere Abgeordnete versuchten Äußerungen des AfD-Abgeordneten zu berichtigen. Zum Eingreifen gezwungen, sah sich schließlich auch der Schulsprecher Samuel Schmidt, als der AfD-Abgeordnete pauschal behauptete, dass in den Schulen der Beutelsbacher Konsens (Neutralitätsgebot) nicht eingehalten und zu Anti-AfD-Demonstrationen aufgehetzt würde. Auf Nachfrage gaben die Abgeordneten der „demokratischen Parteien“ an, sie würden auch mal zusammen eine Tasse Kaffee trinken, denn Kompromissbereitschaft sei unabdingbar, um das Beste für die Bevölkerung zu erreichen.
Im Anschluss daran wurde die Schülerschaft in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe erhielt eine Führung durch das beeindruckende Landtagsgebäude mit seinen teilweise sehr prunkvollen Räumen und die andere Gruppe machte Redeübungen im Plenarsaal. Danach wurde dann getauscht, so dass alle bestens auf die zweite Plenarsitzung vorbereitet waren.
Und dann ging es auch schon begleitet von Teamern in die Fraktionssitzungen, in denen es nun galt, auf Grundlage des in der Vorbereitung erarbeiteten Wissens zu den Themen „Jugendbeteiligung -Wahlalter“ und „Nachhaltige Verkehrspolitik“ Anträge zu formulieren, die pünktlich bis Antragsschluss um 12.30 in der Lobby abgegeben werden mussten. Nach einem Mittagessen ging es dann gestärkt zu einer kurzen Absprache in die Fraktionssitzungen zurück, während der Ältestenrat tagte. Und schon folgte die zweite Plenarsitzung, in der die Anträge vorgestellt und diskutiert wurden. Natürlich unter Einhaltung der Redezeit, worauf Landtagspräsident Ben Konieczny strikt achtete. Zwischenfragen wurden von den Angeordneten am Rednerpult kategorisch abgewiesen. Das Auftreten der Schülerinnen und Schüler wurde zunehmend professioneller, so gab es dann auch Applaus durch die Fraktionen der Sprecher und den einen oder anderen Zwischenruf von Mitgliedern anderer Fraktionen. In den anschließenden Ausschusssitzungen wurden dann die Anträge überarbeitet oder geändert. Noch schnell in der Lobby die Beschlussempfehlung abgeben, bevor in einer weiteren Fraktionssitzung die Strategie für die dritte Plenarsitzung besprochen wurde. Dieser Ablauf lies Langeweile gar nicht erst aufkommen.
Und dann war es auch schon soweit: Die dritte und letzte Plenarsitzung forderte die Schülerinnen und Schüler erneut zur Debatte der geänderten Anträge heraus, bevor es zur Schlussabstimmung kam.
Interessanterweise wurde dem Antrag der Ökologischen Partei, das Wahlalter bei 18 Jahren zu belassen, sowie eine Änderung der Hessischen Gemeindeordnung in Art. 4 c) vorzunehmen, das nun besagt, dass das Jugendparlament angehört werden muss, zugestimmt. Das System der politischen Bildung solle zusätzlich noch weiter ausgebaut werden.
Die Schülerinnen und Schüler beurteilten in der Nachbesprechung im Unterricht die Teilnahme am Planspiel als sehr gut. Sie lobten sie die Kurzweiligkeit und gute Organisation des Planspiels, die Unterstützung durch die Teamer und den gemachten Erfahrungszugewinn. „Ich fand es sehr lehrreich, weil ich durch das Planspiel einen guten Einblick in den Gesetzgebungsprozess erhalten habe. Außerdem verstehe ich die Parteien jetzt auch besser und warum es manchmal lange dauert, bis ein Gesetz fertig ist“, so eine Schülerin. Die Frage, ob man dieses Planspiel nicht auch hätte in der Schule durchführen können, verneinten die Schülerinnen und Schüler. Es sei auch die ganze Atmosphäre, die sehr zum Gelingen dieses Planspiels beigetragen habe, „das kriegt man in der Schule so nicht hin.“ Einzige Kritikpunkte waren das Mittagessen und die kurze Zeit für die Fragen an die Abgeordneten. „Da hätte ich gerne noch die eine oder andere kritische Frage an alle gestellt“, äußert sich ein Schüler.